Ein Tee für ganze Kerle!
Männer
sind aufmerksame Beobachter. Natürlich auch im Supermarkt.
Wir wissen ja: Jederzeit könnten uns zwei attraktive Mädels
verfolgen und schauen, zu welcher Margarine wir greifen. Wie auch
immer, diesmal wurde meine Aufmerksamkeit durch ein Produkt namens
"Männer Tee" gefesselt (Galeria Kaufhof, Supermarkt,
3,12 Euro). Der Titel klang verheißungsvoll und auch der Spruch
auf der Unterseite gefiel mir: "Ein Mann, der sich selbst kennt,
kennt jeden. Ein Mann, der sich selbst liebt, liebt jeden",
von einem gewissen Yogi Bhajan. Warum nicht einen Selbstversuch
wagen?
Gesagt, getan. Zu Hause machte ich es mir gemütlich, und während
der Tee zog, studierte ich die Ingredienzen. Mit Ingwer, Fenchel,
Pfeffer, Anis und Kardamom konnte ich ja noch etwas anfangen. Bei
Bockshornklee wurde es schon schwieriger und Karob war mir völlig
unbekannt. Macht nichts, schließlich wollte ich mich ja überraschen
lassen.
Während
des ersten Schlucks schweiften meine Gedanken zurück zu Evelyn
aus Düsseldorf. Mann, die konnte einen Tee kochen! Aus eigenen
Anbau. Auf ihrem Balkon waren eine ganze Reihe Blumenkästen
mit eigenartigen Gewächsen. Jedenfalls fühlten wir uns
nach einer Kanne davon immer in ausgesprochen ausgelassener Stimmung.
Nun ja, später hatte sie einen Columbianer bevorzugt, und das
war auch gut so.
Dieser Tee schmeckte jedenfalls sehr "gesund". Das erinnerte
mich an Ines aus Viersen. Nein, die kochte keinen Tee, wollte mich
aber ständig zum Joggen mitnehmen. Hielt auch nicht lange ...
Nun hatte ich schon die halbe Tasse leer, saß ruhig da und
wartete. Es geschah - nichts! Außerdem schmeckte der Tee fade.
Männer sind experimentierfreudig und so holte ich den halben
Johnnie Walker, den Udo nach der letzten Fete vergessen hatte (Udo
hatte am Tag drauf eigentlich alles vergessen, nicht nur den Whiskey).
So, ein, zwei Schlucke in die Tasse und nochmal probiert. Schon
besser! Entscheidend besser! Ich legte eine gute Jazz-CD auf und
dachte an Sabine aus Essen-Rüttenscheid. Jau, die konnte was
vertragen! Ein Teufelsweib! Ich werde nie verstehen, warum sie lieber
einen laschen Betriebswirt statt eines knackigen Soziologen nahm.
Na, inzwischen hat sie drei Kinder ...
Die
Tasse Tee hielt ziemlich lange, was wahrscheinlich daran lag, daß
ich sie ordentlich mit dem guten alten Johnnie streckte. Inzwischen
harmonierte auch meine Gauloises recht gut mit dem Gebräu.
Ich goß nochmal nach (aus der Johnnie-Flasche) und hängte
einen weiteren Teebeutel rein. Schließlich wollte ich diesen
"Männer-Tee" doch testen. Ich machte eine Strichliste.
Bei einem Verhältnis von 4 Teilen Johnnie zu einem Teil Tee
kam das Aroma voll zur Entfaltung. Gleichzeitig notierte ich mir,
daß ich dem Hersteller schreiben mußte: Die Fäden
an den Teebeuteln reichten nicht bis zum Boden der Johnnie-Walker-Flasche.
Wenn die das ändern würden, würden sie bestimmt ihren
Umsatz entscheidend steigern. Ja, ich würde denen eine E-Mail
schicken. Dieser Gedanke hob meine Stimmung - man ist immer besserer
Laune, wenn man eine gute Tat vollbringen kann. Apropos gute Tat:
Sollte ich nicht Moni zum Testen des Tees einladen? Wie sagt der
Volksmund doch so richtig: Zwei Zungen spüren mehr als eine.
Moni war nicht nur aufgeschlossen, sondern auch neugierig. Sie
kam zehn Minuten nach meinem Anruf, zeigte sich aber ein wenig enttäuscht,
daß inzwischen nur noch zwei Teebeutel übrig war. Ab
dem fünften war nämlich der alte Walker geleert und ich
hatte auf meinen guten Chivas Reagel umsteigen müssen. Moni
teilte meine Ansicht, daß hier ein Mischungsverhältnis
von 6 Teilen Chivas zu einem Teil Männer-Tee angebracht sei.
Wir streckten die letzten Beutel ordentlich und verlebten einen
gemütlichen Abend.
Ohne Zweifel, diesen ayurvedische Kräutertee kann ich den
geneigten Lesern meiner Seite wärmsten empfehlen!
(Den Tee gibt's auch im Internet, z. B. hier.)
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