Aus der Reihe "Ungelöste Alltagsfragen":

Der gute Ton - Worauf es im Leben ankommt.

Männer sind lernbegierig! Und natürlich möchten sie einen guten Eindruck machen - ob nun bei der ersten Begegnung mit "ihr" oder in Gesellschaft ganz allgemein. Das Schicksal wollte es, daß mir bei einer Auktion eine Ausgabe - datiert auf 1922 - des Kleinodes "Handbuch des guten Tones und der feinen Sitte" von Konstanze von Franken in die Hand fiel. Dieses Standardwerk deutschen Wohlbenehmens wurde bis in die 50er Jahre aufgelegt - und wahrlich, die darin enthaltenen Ratschläge sind zeitlos!

Ich möchte den Lesern von "Herberts Männerseiten" gerne einige Kostproben von Konstanzes einfühlsamen Denken weitergeben. Wenn Sie diese Empfehlungen berücksichtigen, werden Sie einen bleibenden Eindruck hinterlassen und es im Leben weit bringen! Dennoch habe ich mir erlaubt, an der ein oder anderen Stelle eine kritische Anmerkung einzuflechten ...

Übrigens wurden ebenfalls Ratschläge herausgegriffen, die an das andere Geschlecht gerichtet sind - damit nicht der fälschliche Eindruck entsteht, Männer hätten Benimm-Regeln nötiger als Frauen. Nach Konstanzes Ansicht scheint es eher umgekehrt zu sein ...

 

Vom Rauchen

"Bist Du ein Mann, ein Junggeselle noch dazu, so darfst du rauchen, soviel du willst, d. h. zu Hause in deinem Zimmer, nur nicht zum offenen Fenster hinaus, so daß die Asche den Leuten auf die Köpfe fällt."
[Wie wahr: Als Single darf man tun, was Spaß macht. Das hört mit der Ehe dann schlagartig auf ...]

"Hüte dich, daß deine Briefe nicht nach Tabak duften, und der erste Gruß, den die Dame deines Herzens beim Öffnen deines Briefes erhält, Tabaksgeruch sei."
[Konstanze von Franken erwähnt nicht, wie das im Rahmen des Email-Verkehrs zu sehen ist. Ich würde sagen: Da ist der Tabakrauch nicht ganz so störend ...]

"Wirst Du von einem Begegnenden um Feuer gebeten, so halte das Streichholz nicht direkt vor die Zigarre [???], sondern etwas darunter [soll ich "Haschmich" mit dem armen Kerl spielen?], damit der Kopf des Streichholzes der Zigarre keinen Beigeschmack gibt [ach so!]. Du mußt das Hölzchen so reichen, daß der Betreffende es noch nehmen kann, ohne sich die Finger zu verbrennen [und wie steht es mit MEINEN Fingern?]."

Damen bedienen sich anläßich schwieriger Reparaturen natürlicher Hilfsmittel (A), die bei Herren jedoch nur in Ausnahmefällen Erfolg versprechen (B).

(Aus "Loriots kleiner Ratgeber", siehe unten.)

 

   

Wie küsse ich die Hand?

"Natürlich kannst du der Dame die Hand nur küssen, wenn sie dir dieselbe reicht." [Ach so ...]


"Du gehst auf die Dame zu, nimmst die gebotene Hand und führst sie, dich leicht über sie neigend [über wen jetzt?], zart an deine geschlossenen Lippen, dann läßt du sie ebenso zart wieder sinken. Der Kuß darf nie gehört werden. [!]


Die Dame überläßt dem Herrn ganz lose ihre Hand [schlenker, schlenker]. Will sie den Handkuß nicht, so läßt sie den Herren dies an ihrem passiven Widerstand erkennen [passiver Widerstand heißt: Du sollst kein Gerangel mit dem Mädel anfangen! Anmerk. v. H. H.]"

"Ein zugeworfener Handkuß ist nur in intimen Verhältnissen erlaubt." [Ein bisserl mehr würde ich bei intimen Verhältnissen aber schon erwarten ...]

 

   

Im Kaffee- und Gasthaus

"Das Kämmen von Haar oder Bart, das Putzen der Nägel und dergleichen Verrichtungen gehören nicht an öffentliche Orte."

"Als Dame trinke aus offenen Biergläsern, nicht aus Deckelgläsern."

"Nimm nicht alle Zeitungen für dich in Beschlag. Behalte ine Zeitung nicht zu lange in der Hand."

"Stich mit der Gabel nicht in das Mundtuch, lege die Zigarre nicht auf den Rand des Tisches, wische dir mit dem Mundtuch nicht den Schweiß ab." [... zumindest nicht, wenn zuvor der Mund damit abgewischt wurde ...]

"Setze dich in einem öffentlichen Lokale nicht unaufgefordert ans Klavier."

"Laß deinen Hund zu Hause, zum mindesten laß ihn nicht von demselben Teller fressen, der dir oder anderen vorgesetzt wurde."

 

   

Braut und Bräutigam

"Nimmt sie deine Aufmerksamkeit freundlich auf, so tust du gut, ehe du deutlicher mit deinen Absichten hervortrittst, dich über ihre Familien- und vielleicht auch über ihre Vermögensverhältnisse zu unterrichten, um zu erfahren, ob dieselben deinen Wünschen entsprechen oder nicht.
Ebenso entspricht es den heutigen Ansichten mit Recht, Erkundigungen darüber anzustellen, ob nicht erbliche Krankheitsnalagen in der Familie des Mädchens herrschen oder sie selbst damit belastet ist."

"Du darfst die Bestrebungen deiner Braut auf geistigem Gebiete, ihr Bemühen, sich fortzubilden, nicht herabsetzen ..."


"Du wirst selbstverständlich einen regen Briefwechsel mit deinem Verlobten unterhalten, doch sollst du nicht öfter und nicht wärmer schreiben als er. ... Die Briefe müssen so gehalten sein, daß sie im Notfall auch von Fremden gelesen werden können."

"Willst du wissen, was für eine Frau deine Braut mit den Jahren werden wird, so sieh ihre Mutter an." [Uiuiuiui ....]

"Wie die Braut kleiner sein soll als der Bräutigam [ich bin übrings 1,86 m - nur mal so nebenbei], so soll sie am besten auch geistig zu ihm auf- , zum mindesten nicht auf ihn herabsehen."

Auch erfolggewohnte Herren übersehen gelegentlich kleine, aber wichtige Umstände, die eine Liebeserklärung nicht ratsam erscheinen lassen.

(Aus "Loriots kleiner Ratgeber", siehe unten.)

   

Wie wahre ich den guten Ton dem Gatten gegenüber?

"Frage erst nach seinen Wünschen, dann nach den deinigen.
Räume ihm jede Unbequemlichkeit aus dem Wege; verschone ihn mit den Berichten über häusliche Unannehmlichkeiten."

"Sein Zimmer sei das bequemste, ihm angenehmste. Bringe seine Lieblingsspeisen auf den Tisch. Sorge für sorgfältige Bereitung der Gerichte und halte Verdrießlichkeiten während des Essens fern von ihm."

"Achte darauf, daß seine Mittagsruhe nicht gestört wird."

"Leiste seinen Liebhabereien freundlichen Vorschub." [Zeigen Sie diesen Satz Ihrer Partnerin, falls sie mal wieder über Ihren Computer abfällige Bemerkungen machen sollte ...]

"Stöbere nicht in seinen Taschen und unter seinen Papieren herum."

 

   

Was habe ich beim Fahren im Wagen oder in der Stadtbahn zu beachten?

"Als Herr überläßt du der Dame stets den Rücksitz des Wagens. Du selbst nimmst den Vordersitz ihr gegenüber ein." [Na ja, das ist bei den heutigen PKWs vielleicht nicht mehr ganz einhaltbar - jedenfalls sollten Sie nicht mit dem Rücken zum Steuer versuchen, durch den Berufsverkehr zu kommen.]

"Ist kein Bedienter da, so öffnet der Herr der Dame den Schlag." [Achtung: Mit "Schlag" ist die Wagentür gemeint - nicht der Teil eines Kleidungsstücks!]

"Willst du im Omnibus oder in der Straßenbahn deinen Platz einer Dame abtreten, die keinen hat, so kannst du dies natürlich tun, genötigt bist du nicht hierzu. Als Dame zeige nie, daß du eine solche Artigkeit erwartetst; sondern bleibe bescheiden und ohne viel umherzusuchen stehen, wenn kein Platz zum Sitzen da ist."

"Trage keine ungesicherte Hutnadel, und fahre mit deinen Hutfedern deinen Nachbarn nicht über das Gesicht."

"Sei als junge Dame nicht zu unternehmend mit einsamen Spaziergängen. Das Lamm, das die Hürde verläßt, frißt der Wolf"

 

   

Vom Grüßen

"Der gewöhnliche Gruß eines Herrn auf der Straße besteht im Hutabnehmen, natürlich nur dann, wenn du einen Hut trägst." [Ich denke, das ist nachvollziebar.]
"Du nimmst den Hut mit der rechten Hand bei der Krempe, hebst ihn ein wenig nach oben und hälst ihn so lange schwebend, bis die zu begrüßende Person, die du dabei ansehen mußt, vorbei ist." [Joi, hoffentlich hat die betreffende Person einen flotten Gang - sonst schläft einem ja der Arm ein.] "Ziehe den Hut nicht mit einem plötzlichen Ruck, aber auch nicht langsam zögernd." [Konstanze hat schon einen Hang zum Detail ...] "Bei Respektpersonen wartest Du auf das Wort: "Bitte, bedecken Sie sich doch", ehe du den Hut wieder aufsetzt." [Das gleiche gilt übrigens auch für Bettdecken und Saunagänge!]

"Führst Du eine Dame am rechten Arm, so grüße mit der linken Hand." [Alte Gendarmen-Weisheit.]

"Stelle Dich als Dame nicht ans Fenster, um Grüße einzuheimsen. Gehst du als Herr an dem Hause von Bekannten vorüber, so überzeuge dich durch einen schnellen Blick, ob jemand von ihnen am Fenster ist, und grüße in diesem Falle durch Abnehmen des Hutes." [Der erste Teil des Ratschlags soll von gewissen Hamburger Damen mißachtet werden - während die Herren durchaus der Empfehlung folgen ...]

 

Die beiden Bilder oben wurden entnommen aus "Loriots kleiner Ratgeber", der gerade in einer Neuauflage erschienen ist (12,90 DM).

Ein anderes kleines Buch von Loriot paßt aber noch besser zum Thema: "Der gute Ton. Das Handbuch feiner Lebensart in Wort und Bild." (DM 14,90)

Einzelheiten zum "kleinen Ratgeber"

 

Einzelheiten zu Loriots "Der gute Ton".

 

 

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