Sommerzeit - Café-Flirt-Zeit!

Der Sommer ist eine herrliche Zeit! Die Cafés haben ihre Stühle wieder nach draußen gestellt, man wandert unbeschwert durch die warme Luft und sieht attraktive Frauen in luftigen Kleidern.

Was liegt näher, als das Straßen-Café für einen kleinen Flirt zu nutzen? Die Schritte, die den sicheren Erfolg bedeuten, sind einfach und schnell erlernbar.

Damit das alles aber nicht so trocken ist, habe ich den Lehrgang in eine kleine Geschichte verpackt:

Ja, da saß "sie"! Während ich wie zufällig an den einzelnen Tischen des Straßencafés vorbeschlenderte, hatte mein Blick in Bruchteilen von Sekunden alle wichtigen Details von ihr erfaßt: Sie saß allein an einem Tisch, erwartete niemand, da ihr gerade die zweite Tasse Kaffee gebracht wurde, einige Jahre jünger als ich, Proportionen, die einen Body-Mass-Index von unter 20 versprachen usw. Während ich mich an einem Nachbartisch niederließ, streifte mein Blick über ihre Hände - kein Ring. Heutzutage hatte dies zwar nicht mehr allzuviel zu bedeuten, aber in der ländlich strukturieren Stadt, in der ich wohnte, immer noch ein positives Zeichen. Also auf zu Phase 1.

Phase 1: Die Einleitung

Ich mußte mich als jemand zu erkennen geben, der fähig war, die Aufzucht der Jungen zu überwachen. Der erste Pluspunkt war mein Alter: wahrscheinlich fünf Jahre Unterschied - geradezu ideal. Ich würde Gefahren abwenden können, ohne bereits zu schwach zu sein, um einen Kampf mit einem Konkurrenten zu bestehen. Das Taille-Schulter-Verhältnis war nicht ganz ideal, aber ich hatte Wattepolster in dem Sommerjacket. Jetzt kam mein elektronischer Palm-Notizkalender auf den Tisch und ein kleines Taschenbuch, das andeutete, daß ich gerne las. Eventuell hatte ich also Abitur, mein Beruf mußte einen entsprechenden Status besitzen. Das Handy ließ ich in der Tasche, da ein solches Ding überwiegend von Handelsvertretern oder sozialökonomisch-schwachgestellten Jugendlichen zur Show getragen wird.

Ich bestellte einen Kaffee und ein Mineralwasser, natürlich keinen Alkohol um diese Tageszeit. Schließlich mußte ich zeigen, daß ich selbstdiszipliniert war und die Aufzucht der Jungen nicht wegen irgendwelcher Vergnügungen gefährden würde. Lesen hingegen war erlaubt, und so blätterte ich in dem Buch, während ich unauffällig weiter in ihre Richtung schaute. Ab und zu lächelte ich still vor mich hin, ich mußte zeigen, daß von mir keine Gefahr ausging.


Phase 2: Erste Kontaktaufnahme

Sehr schön: Seit ich in ihrem Blickfeld saß, hatte sich ihre Körperhaltung nicht wesentlich verändert. Jedenfalls war sie nicht verschlossener geworden, was zum Beispiel übereinander verschränkte Arme angedeutet hätten. Im Gegenteil: Ihr entspanntes Zurücklehnen an die Stuhllehne und das gelegentliche "Durch-das-Haar-streifen" waren ausgesprochen positive Signale. Das gab Mut für den nächsten Schritt. Während ich trank, blickte ich fest in ihre Augen. Das wäre nichts Besonderes gewesen, wenn ich das nur 0,8 Sekunden gemacht und danach in eine andere Richtung geschaut hätte. Ich hatte meinen Blick aber ganze 2,4 Sekunden auf sie gerichtet, das mußte sie verwirren. So war es auch. Über meinen Buchrand hinweg konnte ich erkennen, daß sie aufgehört hatte, sich durch das Haar zu streichen und stattdessen etwas Sahne in ihren Kaffee goß. Eine typische Überbrückungshandlung. Wäre sie Raucherin, hätte sie sich jetzt eine Zigarette angezündet. Solche Handlungen sollten Zeit verschaffen, um eine Situation neu bewerten zu können. In unserer Kultur mußte ich nun ca. 2 - 3 Minuten verstreichen lassen, bis ich das nächste Signal gab.

Kein Problem, ich las weiter und begann, ihre Körperhaltung zu spiegeln. "Spiegeln" bedeutet, daß man dem gleichen Rhythmus wie das Gegenüber folgt, ähnliche Haltungen einnimmt, die gleichen Bewegungen zur gleichen Zeit macht. Damit wurde deutlich, daß wir uns ähnlich sind, eventuell gleiche Interessen und Vorlieben haben. Mein Puls ging schneller, wahrscheinlich wurden bei mir jetzt außer Adrenalin verschiedene Neurotransmitter ausgeschüttet, die die Begegnung mit dem anderen Geschlecht begünstigen sollten.

 

Phase 3: Intensivierung der Kontaktaufnahme

Mein Puls legte nochmals deutlich einige Schläge zu, als sie ihren Kopf in einem 45 Grad Winkel nach unten neigte. Natürlich! Sie wollte damit eine ihrer verletztlichen Stellen freilegen, die Arteria carotis, um anzudeuten, daß sie mir vertraute. Das wußte sie selber natürlich nicht - aber ihr Körper verriet auch so ihre innersten Geheimnisse. Jetzt konnte ich ihr gefahrlos einen zweiten längeren Blick zuwerfen. Ich tat, als würde ich über eine Stelle aus meinem Buch nachdenken und blickte sie wiederum direkt an. Erwartungsgemäß weiteten sich ihre Pupillen, um die Proportionen in ihrem Gesicht für mich etwas jünger aussehen zu lassen. Alles weitere war ein Kinderspiel. Egal, was man nun als Ausrede nehmen würde, um sie anzusprechen, sie würde auf alles eingehen. Um sie nicht zu drängen, entschied ich mich für eine eher nüchterne Einleitung: "Können Sie mir sagen, wie spät es ist?" Ein Lächeln erblühte auf ihren Lippen und statt einer Antwort winkte sie mich mit einer zarten Handbewegung an ihren Tisch. Ich hatte gewonnen! Alle Hormone in mir jubelten und die Produktion von Serotonin wurde angekurbelt, was ein rauschartiges Glücksgefühl verursachen sollte, um den Vorgang der Vereinigung zu beschleunigen (obgleich ich auch ohne Serotonin mein Möglichstes getan hätte, um diesen Prozeß zu beschleunigen). Ich ging mit festen Schritten auf ihren Tisch zu.


Phase 4: Endlich am Ziel

Als ich an ihrem Tisch angekommen war, winkte sie mich direkt an ihre Seite, um mir etwas ins Ohr zu flüstern. Das war ausgesprochen überraschend! Denn damit übersprang sie die Phasen der Annäherung, wie "leichte Konversation", "zufällige Berührungen", "Verminderung der physischen Distanz" usw. Ich war verwirrt und erfreut zugleich. Nachdem ich mich vorgebeugt hatte, flüsterte sie mit ihrem strahlendsten Lächeln: "Hör mal gut zu, du Macker. Seit zehn Minuten versuchst Du, mich hier anzubaggern, obwohl ich nichts weiter als meine Ruhe will. Das geht mir tierisch auf den Geist. Entweder Du packst jetzt umgehend Deine Klamotten und machst Dich vom Acker oder ich komm an Deinen Tisch und schütt' Dir mein Eiswasser auf eine Stelle, wo es Dir gar nicht gefallen wird. Haste's geschnallt?"


Phase 5: Steigerung des Selbstbewußtseins

Ich packte Buch und Terminkalender ein, zahlte und ging erhobenen Hauptes nach Hause. Dort nahm ich alle Bücher, die mit soziobilogischen Themen zu tun hatten, und brachte sie zum Alterpapiercontainer. In Zukunft würde ich ohne solche Hilfsmittel auskommen und Straßencafés einfach meiden.

Der letzte Absatz war natürlich frei erfunden, damit die Geschichte einen originellen Ausklang hat. In Wirklichkeit bat mich Annette selbstverständlich an ihren Tisch, wir machten die restlichen Phasen 5 - 9 im Eiltempo durch und Phase 10 endete mir der Frage, wer die Frühstücksbrötchen holt.

Buchtips:
Samy Molcho: Partnerschaft und Körpersprache, DM 19,90.
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Körpersignale. Vom Dekolleté zum Zeh, DM 19,90 - mit zahlreichen Farbfotos.
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