Die hohe Kunst der Autokommunikation

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Ja, ich gebe es gleich zu: Ich liebe die Möglichkeiten der Kommunikation, die uns die neuen Techniken bescheren! E-Mail-Adresse? Logo - ich habe fünf davon. Notebook, Handy und Palm? Selbstverständlich - und natürlich alle mit Infrarot-Schnittstellen, damit sie untereinander kommunizieren können. Meine Visitenkarten sind doppelseitig bedruckt, mein Briefkopf füllt die erste halbe Seite des Anschreibens - jeder soll wissen, wie er mich erreichen kann!

Allerdings erscheint es mir so, als hätten diese Medien in meinem Bekanntenkreis noch nicht ganz die Popularität, die wünschenswert wäre. Jedenfalls rührte sich die ersten Tage in meinen E-Mail-Briefkästen nichts. Dem half ich schnell ab, schließlich stieß ich beim Surfen auf jede Menge Formulare, mit denen man sich bei Newslettern anmelden konnte. Prompt stieg mein Mailaufkommen um ca. 500 %. Na ja, so ganz befriedigenden war das nicht - man erhält doch etwas lieber persönliche Post. Also begann ich, mir von meiner einen E-Mail-Adresse an einer meiner anderen kleine Botschaften zu schicken. Besonders gerne schickte ich Post an meinen AOL-Account. Bei jedem Start von AOL begrüßte mich dann nämlich eine weibliche Stimme mit "Sie haben Post!". So etwas baut auf.

Mit der Zeit verfeinerte ich die Kommunikation mit mir selbst: Ich fügte den Briefen kleine Anhänge bei. Nein, nichts Großes. Mal ein lustiges Bild, mal eine kleine Sound-Datei. Auch hier tat sich AOL besonders hervor - ich brauchte nämlich immer einige Zeit, bis ich herausgefunden hatte, in welchem Verzeichnis das AOL-Programm gerade meinen Anhang nach Empfang abgelegt hatte. Aber auch die anderen Post-Programme überraschten mich, wenn sie absolut nicht meine Post - von der ich genau wußte, daß ich sie geschrieben hatte - vom Server abholen wollten. Oft meldeten sie stundenlang "kein Posteingang" - bis sie die E-Mails dann plötzlich doch rausrückten.

Nach einigen nächtlichen Surfstunden wußte ich auch, wie man über das Internet SMS-Botschaften verschickt. Oder umgekehrt: Die SMS-Nachricht auf dem Handy an eine E-Mail-Adresse verschickt. Es war fesselnd - die Stoppuhr in der einen, das Handy in der anderen - festzuhalten, welche Botschaft wie lange unterwegs war. Manchmal wurde ich mitten in der Nacht von meinem Handy geweckt. Daher hatte ich immer einen Notizblock neben meinem Bett liegen, um mir die Empfangszeiten zu notieren. Glücklich schlief ich dann wieder ein.

Ein Glanzstück meiner hochkomplexen Kommunikationstechniken war das "zeitversetzte Senden". Ich schrieb mir eine E-Mail mit einem besonders lustigen Anhang. Im Mailprogramm stellte ich aber ein, daß diese E-Mail erst vier (!) Tage später verschickt werden sollte. Wenn ich die Post dann auf dem anderen Account abrief, erinnerte ich mich meist nicht mehr genau, was ich mir da eigentlich geschickt hatte. So kamen manchmal echte Überraschungen zustande!

Ein großer Moment war die erste Mail, die an einen Außenstehenden gerichtet war. Manfred hatte ich in der Straßenbahn kennengelernt. Er war bei der Bahn beschäftigt und Mitte 50, hatte aber trotzdem eine eigene E-Mail-Adresse, die er mir anvertraute. Noch am selben Abend schrieb ich ihm: "Hallo Manfred, hier ist Herbert, ist diese Mail bei Dir angekommen?" Doch ich erhielt keine Antwort. Da mußte irgend etwas passiert sein. Also schrieb ich Manfred nun täglich, um den Fehler zu lokalisieren. Meine Accounts waren jedenfalls alle in Ordnung. Ich bekam meine eigene Post nach wie vor pünktlich und zuverlässig. Später stellte sich heraus, daß Manfred zwei Wochen in Urlaub gewesen war. Das erleichterte mich doch ziemlich.

Wie auch immer: Ich möchte die neuen Medien in meinem Alltag nicht mehr missen. Sie sind schnell, billig, unkompliziert - und man hat immer etwas zu schreiben.

© Herbert Hertramph, maennerseiten.de, 2001

PS: Meine gesammelten E-Mail-Adressen sind hier zu finden ;-)

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